Gewalt in Pflegeeinrichtungen
Gerät ein älterer Mensch in eine Pflegeeinrichtung, findet er sich in einer neuen Situation wieder. Es ist oft kein Einzelzimmer mehr, das er bezieht, sondern diese gehören eher zur Seltenheit. Auch wird sein individueller Tagesrhythmus nicht berücksichtigt, weil er einen allgemeinen, straff organisierten geregelten Tagesablauf vorfindet. Oftmals reagiert der Patient auf diese Form der "strukturellen Gewalt" mit Angst, Verzweiflung, Unzufriedenheit, Aggression (indem er sich gegen alle möglichen Personen, auch gegen sein eigenes Leben richtet).
Gewalt beginnt in einer Pflegeeinrichtung da, wo die Selbstbestimmung des Patienten aufhört. Nämlich auch schon, wenn man unangemeldet in das Zimmer eines Menschen kommt, schränkt man dessen Freiheit ein, sich zu entscheiden, wen er hereinlässt oder nicht. Dies gilt ebenso für das Ruhigstellen mit Medikamenten, für die sich der Patient nicht selbst entschieden hat. Oder ihn mit lauterer Stimme anzusprechen, als es ihm genehm ist.
Das Wichtigste ist, die Signale des Aggressiven zu isolieren – bei sich selbst genauso wie bei anderen. Die Selbsterkenntnis einer Pflegekraft ist hier gefordert, Ereignisse und Empfindungen der Nicht-Norm bei sich selbst zu entdecken und keine Aggressionen auf die Mitwelt, insbesondere auf den älteren Schutzbefohlenen gerichtet herauszulassen.
Stellt ein Pfleger z. B. fest, dass er gewaltsam gehandelt hat, muss ihm gegenwärtig werden, dass ein solches Verhalten nicht mit einer Tagesform zu entschuldigen ist. Woher kommt die Aggression? Bei Gruppenspielen wird es versucht, die Aggressionsgefühle der einzelnen Anwesenden zu erkennen und Kanalisierungsvorschläge zu erörtern. Dies beinhaltet auch Rollenspiele, indem der "Täter" sich in die Rolle eines "Opfers" versetzt, denn die soziale Empathie und emotionale Intelligenz ist eine Grundfähigkeit, die nicht durch Routine verschüttet werden sollte.